Ich bin in Marrakesch, im Garten des legendären Hotels La Mamounia. Acht Hektar Gartenkunst, komponiert aus über 1.200 Pflanzenarten: jahrhundertealte Olivenbäume, majestätische Palmen, duftende Küchengärten und stille Seerosen. Und mitten darin: eine acht Meter hohe Mauer aus dem 12. Jahrhundert, überwuchert von leuchtend violetter Bougainvillea spectabilis. Ursprünglich war der Garten ein Geschenk des Sultans an seinen Sohn Moulay Mamoun – heute ist er eine der schönsten grünen Oasen Nordafrikas, akribisch gepflegt von 70 Gärtnerinnen und Gärtnern.
Hinter mir: meine geliebte Bougainvillea. Sie ist die, die am schrillsten blüht – und sie fängt gerade erst an. Was viele nicht wissen: Das spektakuläre Violett, das wir bewundern, sind gar keine Blüten, sondern Hochblätter. Sie locken die Bestäuber an – ein typisches Prinzip vieler Pflanzen der Südhalbkugel. Die eigentlichen Blüten sind klein, unscheinbar und weiß, versteckt zwischen den farbenprächtigen Hochblättern.
Was man hier sieht, ist großartig: Eine acht Meter hohe Mauer, komplett überwachsen mit Bougainvillea. Diese lebenden Wände schaffen nicht nur visuelle Schönheit, sondern auch ein Mikroklima – ein wertvoller Beitrag im heißen Marrakesch, wo das Thermometer im Sommer regelmäßig über 40 Grad klettert.
Bougainvillea brauchen Wasser. Und davon gibt es hier genug – gespeist vom Atlasgebirge. Das Wasser wird über ein ausgeklügeltes historisches System verteilt und aufgefangen – ein geniales Beispiel nachhaltiger Gartenbewässerung, das auf die arabische Khettara-Technik zurückgeht.
Auf der anderen Seite dieser Bougainvillea steht eine ganz besondere Pflanze: Papyrus (Cyperus papyrus). Sie hat die Menschheitsgeschichte geprägt – von ihr stammt unser Wort „Papier“, vom griechischen „Papyrus“.
Papyrus wächst ausschließlich im Wasser – genauer gesagt: in stehenden oder sehr langsam fließenden Gewässern. Nur dort fühlt er sich wohl, nur dort gedeiht er. Schon 3.000 Jahre vor Christus wurde er in Ägypten genutzt: Die Stängel wurden geschnitten, übereinandergelegt, gepresst – und fertig war ein beschreibbares Material.
Was erstaunlich ist: Papyrus ist extrem haltbar. Es gibt noch Rollen aus der Zeit der Pharaonen, über 4.000 Jahre alt.
Aber zurück zur Bougainvillea: Ich mag sie, weil sie ein Symbol der Schönheit ist. Im Mittelmeerraum wächst sie nur südlich der Alpen – ein bisschen auch an den norditalienischen Seen wie dem Lago Maggiore. Aber hier in Marrakesch? Volles Rohr. Hier fühlt sie sich zu Hause und zeigt, was in ihr steckt – ein perfektes Zusammenspiel von Pflanze und Ort.
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