Breimanns Blog

Arganienland

Ein Baum wie kein anderer – und das Gold, das er schenkt

14.05.2025
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Ein uralter Überlebenskünstler

Wir befinden uns im UNESCO-Biosphärenreservat Südwestmarokkos – im Land der Arganbäume. Argania spinosa wächst endemisch nur hier, in einem schmalen Streifen zwischen Essaouira und Agadir. Eine knorrige, jahrhundertealte Baumart, perfekt angepasst an das aride Klima, die starken Winde und die intensive Sonneneinstrahlung.

Der Arganbaum gehört zur Familie der Sapotengewächse und kann bis zu 200 Jahre alt werden. Seine Wurzeln reichen tief ins Erdreich und helfen, Bodenerosion zu verhindern – eine unsichtbare, aber überlebenswichtige Funktion in dieser trockenen Region.

Teil eines einzigartigen Ökosystems

Die berühmten kletternden Ziegen in den Baumkronen, die dort nach den Früchten suchen, und Dromedare, die die stacheligen Zweige nicht scheuen, sind Teil eines fein abgestimmten natürlichen Gleichgewichts.

Doch so spektakulär das aussieht – für die Ölproduktion werden die Früchte nicht mehr über den tierischen Verdauungsweg gewonnen. Stattdessen werden sie heute von Hand gesammelt, um höchste Qualitätsstandards zu sichern.

Vom Fallobst zum flüssigen Gold

Im Herbst fallen die reifen Früchte von selbst zu Boden. Sie werden aufgesammelt, getrocknet und sorgfältig geöffnet, um an die inneren Kerne zu gelangen. Diese sind extrem hart – fast wie Johannisbrotkerne – und schützen das eigentliche Ziel: den ölhaltigen Samen im Inneren.

Traditionell werden die Kerne mit schweren Granitmühlen aus dem Atlasgebirge zermahlen. Daraus entsteht ein dickflüssiger Brei, aus dem das Öl gepresst wird – per Hand oder in modernen hydraulischen Pressen.

Das Ergebnis ist ein goldfarbenes, nussig duftendes Öl, das sowohl in der Küche als auch in der Kosmetik hochgeschätzt wird. Arganöl enthält über 80?% ungesättigte Fettsäuren sowie große Mengen Vitamin?E und Antioxidantien.

Frauenkraft und fairer Handel

In Marokko sind es traditionell die Frauen, die das Arganöl herstellen. Seit den 1990er-Jahren haben sich zahlreiche Kooperativen gegründet, in denen Frauen ein geregeltes Einkommen erzielen – viele von ihnen zum ersten Mal in ihrem Leben.

Diese Kooperativen spielen nicht nur eine zentrale Rolle bei der wirtschaftlichen Entwicklung der Region, sondern auch beim Erhalt des Baumbestandes. Denn durch den wachsenden internationalen Wert des Öls wird der Arganbaum geschützt, gepflegt und neu gepflanzt.

Ein Produkt mit Herkunftsschutz

Arganöl ist ein echtes marokkanisches Kulturgut. 2010 erhielt es den Status einer geschützten Herkunftsbezeichnung („Appellation d’Origine Protégée“) – ähnlich wie Champagner oder Parmaschinken in Europa.

Das bedeutet: Nur Öl, das aus Früchten der Arganbäume im offiziellen Anbaugebiet gewonnen und nach traditionellen Methoden verarbeitet wurde, darf sich „echtes Arganöl“ nennen.

Ein Klima der Milde

Geprägt wird diese Landschaft vom nahen Atlantik. Die feuchten Meeresbrisen sorgen für ein überraschend mildes Klima – selbst im Sommer selten über 26 Grad. Dieses besondere Mikroklima macht das Überleben der Arganbäume überhaupt erst möglich.

Was auf den ersten Blick trocken und lebensfeindlich erscheint, ist in Wahrheit ein sensibles Ökosystem – reich an Wissen, Geschichte und Zukunft.

Widerstandskraft und wissen

Der Arganbaum ist mehr als nur ein Rohstofflieferant. Er ist Symbol für Widerstandskraft, gelebtes Wissen und die intelligente Anpassung der Natur an extreme Bedingungen.

Ein Ort wie aus der Zeit gefallen. Und ein eindrucksvolles Beispiel dafür, was möglich ist, wenn Mensch und Natur in Einklang leben – und einander zuhören.

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