Manche Pflanzen sind hübsch. Andere sind nützlich. Und dann gibt es den Nachtjasmin. Der ist einfach – betörend.
Tagsüber benimmt sich Cestrum nocturnum zurückhaltend: schlanker Strauch, grünliches Laub, unscheinbare Blüten. Fast brav. Man würde ihn glatt übersehen. Doch sobald die Sonne untergeht, verwandelt er sich in eine duftende Verführung, die durch offene Fenster streicht und Menschen aus dem Schlaf lächeln lässt.
Sein Name klingt schon nach einem alten Parfümflakon, vergessen in einer Schublade voller Geschichten. Und tatsächlich lebt diese Pflanze nur für die Nacht. Ihre kleinen, grünlich-weißen Blüten – wie verschlossene Versprechen – öffnen sich erst in der Dämmerung. Dann strömt ein Duft aus, der an warmen Honig erinnert, mit einem Hauch von tropischem Geheimnis. So intensiv, dass man plötzlich an vergangene Sommer denkt, an Haut, an Nähe, an das Gefühl, dass in der Dunkelheit alles möglich scheint.
Je wärmer die Nacht, desto berauschender wird das Erlebnis. Selbst an kühlen Herbsttagen kann man den verführerischen Geruch wahrnehmen – in Hamburg blüht der Nachtjasmin oft bis in den November hinein.
Doch Vorsicht: Cestrum nocturnum ist eine wahre Diva. Als Tropenbewohner aus Honduras hat er viel Hunger, viel Durst und will sehr viel Wärme. In Deutschland kommt er deshalb nur im Kübel zurecht – eine Freilandpflanzung übersteht er nicht.
Pflanzen sollte man ihn erst ab Mitte Mai, nach den Eisheiligen. Den Kübel kann man schon früher im Haus vorziehen und dann ins Freie stellen. Im Winter braucht der immergrüne Strauch unbedingt ein frostfreies Kalthaus bei 10-15 Grad – wärmer nicht, sonst treibt er verfrüht aus.
Bei guter Pflege wird er bis zu vier Meter hoch. Ein sonniger, geschützter Standort ist ideal. Reichlich gießen ohne Staunässe und während der Blütezeit regelmäßig düngen – er ist ein Vielfraß mit großem Appetit.
Ein Warnhinweis gehört dazu: Alle Teile der Pflanze sind giftig, besonders die Beeren enthalten Alkaloide. Der Nachtjasmin ist also nichts für Haushalte mit kleinen Kindern oder neugierigen Haustieren.
Für Pflanzenliebhaber ist Cestrum nocturnum wie ein geheimer Liebling – nicht wegen der Optik, sondern wegen seiner Wirkung. Er will nichts darstellen. Er will nur duften. Exzessiv. Sinnlich. Nacht für Nacht.
Wer sich auf diese Pflanze einlässt, wird belohnt mit einem nächtlichen Schauspiel, das man so schnell nicht vergisst. Der Nachtjasmin flüstert nicht – er flutet. Er ist ein Bewohner der Zwischenwelten: zwischen Tag und Nacht, zwischen Traum und Wirklichkeit. Und wer ihm zu nahe kommt, vergisst für einen Moment, was nüchtern war.
In einer Welt voller Augenweiden zeigt uns dieser unscheinbare Strauch, dass wahre Schönheit manchmal unsichtbar ist – und nur in der Stille der Nacht erwacht.
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