Vor einigen Wochen war ich wieder einmal in einer meiner liebsten Baumschulen weltweit: der Solitair Tree Nursery nahe Antwerpen. Für mich ein Paradies, in dem ich Tage verbringen könnte – man muss mich da quasi raustragen! Denn: Skulpturen wohin das Auge blickt. Aus Eibe, in Formen geschnitten: Würfel, Ellipsen, Wellen, Säulen … Jede Pflanze ein Einzelstück. Und jede ein Werk, das Jahre braucht.
All diese Skulpturen sind Auftragsarbeiten. Einige davon für uns. Über Jahre hinweg geschnitten, geformt, verdichtet. Manchmal sind die Auftraggeber ein bisschen ungeduldig – verständlich. Aber wenn die Pflanzen dann angeliefert werden, steht da im Garten plötzlich etwas, das niemand sonst hat. Eine lebende Skulptur. Ein Unikat.
Der erste Schnitt findet im Sommer statt, der zweite dann im September. Hier im Solitair Tree Nursery sieht man sehr gut, was zwischen zwei Schnitten passiert. Wie viel die Eibe in wenigen Monaten zulegt. Und wie viel Klarheit man durch einen guten Schnitt wieder herstellen kann.
Nur wenn Eiben hart geschnitten werden, treiben sie dicht aus. Und nur dann entstehen diese ruhigen, kompakten Formen. Eine dichte Blattmasse, die nicht nur schön aussieht, sondern auch ihren ökologischen Dienst leistet.
Ich habe eine Menge Projekte mit Eibe vor. Nicht nur, weil sie so schön formbar ist. Sondern auch, weil sie so viel kann. Die Eibe ist eine echte Klimapflanze. Sie speichert CO? – nicht zuletzt wegen ihrer enormen Blattmasse. Sie ist zäh, schnittverträglich, langlebig. Und: ein Vogelparadies.
Im März und weit in den Juli hinein nisten Rotkehlchen, Zaunkönige und Drosseln zwischen den Zweigen. Die Tiere lieben die Dichte, finden darin Schutz und Sicherheit.
Die Eibe wird natürlich nicht nur als Skulptur geschnitten – in den meisten Fällen begegnet sie uns als Hecke. Und auch darin hat sie eine starke Präsenz: als Einfriedung für Privatsphäre, als Sicht- und Schallschutz, als grüne Mauer, die den Garten definiert – den hortus conclusus, den geschützten Ort.
Wenn man sich so eine langgezogene, präzise geschnittene Eibenhecke einmal genauer anschaut, erinnert sie oft an das Meer. Warum ist man so gerne dort? Weil der Horizont dort gerade ist. Weil er Ruhe ausstrahlt.
Und genau das passiert auch mit klaren Schnittlinien im Garten. Sie geben Halt. Eine Art optische Erdung. Und wo die Form stimmt, kommt auch die Seele zur Ruhe.