Ich sitze vor einem Garten, den ich vor drei Jahren angelegt habe. Schotter, Sand, ein bisschen Kompost. Kein Tropfschlauch, kein Rasen, keine automatische Bewässerung. Und trotzdem: alles lebt. Mehr noch – es gedeiht.
Lychnis, Stachys, Artemisien, Wolfsmilch, Yuccas, Iris: graulaubige, sonnenliebende Pflanzen aus mediterranen, steppenartigen oder felsigen Regionen. Arten, die gelernt haben, mit wenig klarzukommen. Und genau das ist ihre Stärke.
Das klingt wie ein mediterraner Sommer, ist aber mittlerweile Realität auch im Norden Deutschlands. Klimatische Extreme werden zur neuen Norm. Die Gärten, die wir gestalten, müssen darauf reagieren. Nicht irgendwann, sondern jetzt.
Beth Chatto wusste das schon in den 1980ern. Ihr Gravel Garden im englischen Essex entstand aus der Not heraus – unwirtliches Land, trockener Boden, weit entfernt vom Wasseranschluss. Ich habe sie vor langer Zeit besucht und durfte viele interessante Gespräche mit ihr führen. Statt zu kämpfen, beobachtete sie. Und dann pflanzte sie – ohne Gießen, ohne Dünger, ohne Kompromisse. Ein Garten, der Maßstäbe setzte.
Die grauen Blätter sind kein Zufall. Diese Pflanzen schützen sich durch feine Härchen vor Verdunstung – ein natürlicher Sonnenschutz, perfektioniert über Jahrtausende.
Stachys byzantina – das silbrige „Eselsohr" mit samtiger Textur. Artemisia mit ihrem bitteren Duft. Euphorbia characias ssp. wulfenii, liebt den Standort einer Halbwüste und wie die Iris germanica, die in knochentrockenem Boden tiefe Wurzeln bildet und trotzdem blüht, als hätte sie ein Wellness-Programm hinter sich.
Sie alle stehen hier – gesund, vital, ohne künstliche Bewässerung. Und zeigen, wie einfach es sein kann, wenn man der Natur zuhört.
„The right plants for the right places" – diese Maxime ist längst mehr als nur ein Gartenmotto. Standortgerecht pflanzen bedeutet: keine Kämpfe gegen die Natur, sondern Kooperation mit den Gegebenheiten.
Ein Gravel Garden ist kein Verzichtsgarten. Schönheit entsteht nicht trotz Trockenheit – sie entsteht durch sie. Kein Wasser bedeutet: andere Pflanzen, andere Farben, andere Rhythmen. Mehr Struktur, mehr Textur, mehr Gelassenheit.
In Zeiten von Wasserknappheit und ökologischer Verantwortung ist der Gravel Garden ein Modell für die Zukunft. Und er funktioniert – in Hamburg ebenso wie in Essex oder auf Mallorca.
Gärten, die sich selbst tragen. Pflanzen, die wissen, wie sie überleben. Gestaltung, die mit dem Boden spricht, nicht gegen ihn.
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